
Wir alle kennen wahrscheinlich das traditionelle Familienbild, entweder aus eigener Erfahrung, oder von außen durch den Einblick bei anderen Familien. Oder einfach nur durch Filme & Serien, in denen die klassische, glückliche Familie vermittelt wird, in welcher der Vater dem stressigen aber lukrativen Job nachgeht und die Mutter sich aufopfernd um Kinder und Haushalt kümmert. Der Vater war dann im besten Fall am Wochenende als Spielkamerad für die Kleinen verfügbar – meist war hier trotzdem die Frau miteingebunden – oder zumindest „eine“ Frau, bspw. auch die (Schwieger-)Mutter.
So far, so good?
Für manche vielleicht. Es gibt sicherlich nach wie vor genug Familien, für die so ein Familienbild absolut stimmig ist – und wenn es für alle passt, soll das auch so sein.
Aber.
(Wie so oft passt auch hier ein „aber“ rein).
Es passt eben oft nicht für alle.
Da gibt es doch tatsächlich Frauen, die gerne auch eine Karriere machen möchten – trotz Kinder.
Whaaaaaat?
Aber, wie soll das gehen, fragt sich vielleicht DER (!) geneigte Leser. Passend dazu die oft gestellte Frage an Mütter in Spitzenpositionen (Sport, Politik, Privatwirtschaft), wie sie es denn schaffen, die Tätigkeit & die Kinder unter einen Hut zu bekommen, offenbart, woran es oft scheitert.
Der Mutter wird die traditionelle Rolle der 100% Zuständigkeit für Haushalt und Kinder ungefragt zugeschoben, weil „haben wir ja immer schon so gemacht“. Da wird dann oft auch was von diesem ominösen „Mutterinstinkt“ gefaselt, den es so ja nicht gibt (siehe Artikel). Das ist oft das Problem mit traditionellem Tun/Handeln – nur weil etwas lange Zeit so gemacht wurde, legitimiert das noch gar nichts.
Es gab auch eine Zeit, da hat man „immer schon“ Aderlass gemacht. Oder sich auf Säuglingsstationen die Hände nicht gewaschen, bis ein gewisser Ignaz vorbei kam und das änderte. Manchmal ist „Change“ halt doch ganz gut.
Und manches weiß man heute auch einfach ein bisschen besser. Wie z.B. auch die Tatsache, dass nicht jede Frau durch die Geburt ihres Kindes nun das Leben einer klassischen Mutter leben möchte.
Das hat nichts damit zu tun, dass eine Mutter dann eine „Rabenmutter“ wäre – übrigens eine durch und durch bescheuerte Bezeichnung in Bezug auf vermeintlich schlechte Mütter, da Raben sich sehr gut um ihre Kinder kümmern. Eine Frau kann eine hervorragende Mutter sein, und gleichzeitig einem anderen (!) Beruf nachgehen. Einem Mann wird ja auch nicht automatisch attestiert, ein miserabler Vater zu sein, wenn er auch nach der Geburt seines Kindes weiterhin in seinem Beruf tätig ist.
Für eine moderne Familie braucht es eine moderne Einstellung beider Elternteile. Und natürlich auch die Rahmenbedingungen, die eine moderne Herangehensweise an die Erziehung zulassen.
Wenn also das Korsett des Systems so weit gelockert wird, dass einerseits die Mutter wieder beruflich tätig sein kann, als auch der Vater sich mehr um die Erziehung & Förderung seines Kindes kümmern kann, dann ist die gleichberechtige Familie möglich.
Und wie schaffen wir das?
Es beginnt bei uns Männern.
Erst wenn in den Köpfen der Männer klar verankert ist, dass die Kindererziehung & die Care-Arbeit keine Frauensache ist, dass der Mann zuhause nicht „hilft“, sondern seinen Teil macht, und wenn der Mann final erkennt, wie wichtig sein Beitrag in der Kindererziehung für sein eigenes Kind, für die Partnerschaft und für ihn selbst ist, dann wird die systemische Änderung folgen. Dann wird statt einer mittelalterlichen Herdprämie der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen vorangetrieben, die Attraktivität der Väterkarenz erhöht (Stichwort „finanzielles Ungleichgewicht“), dann wird die gesellschaftliche Sicht auf die Väterbeteiligung in der Care-Arbeit eine modernere werden.
Und apropos Raum – ein kleiner Teil können hier die Mütter auch noch beitragen. Eine moderne Familie kann nur dann entstehen, wenn dieser Raum auch von den Müttern gegeben wird.
In meiner Bubble wurde mir öfters mitgeteilt, dass es manchen Müttern schwer fällt, den Vätern den Platz mit dem Kind zu überlassen – oft einfach dadurch begründet, weil sich der Papa nicht auskennt, dauernd nachfragen muss und bei ausbleibendem Nachfragen Sachen falsch macht (Baby schlecht gewickelt, keine Jause am Spielplatz dabei, Sonnenschutz vergessen etc.).
Und genau hier kommt Papa und Kind ins Spiel – es geht nicht nur darum, dass der (werdende) Vater Interesse an der Care-Arbeit hat, es geht auch darum, dass er weiß, was zu tun ist. Und das weiß er auf jeden Fall nach dem Besuch meiner Seminare.
Also, fassen wir zusammen:
- Im traditionellen Rollenbild ist der Vater auf Erzeugungs- und Finanzierungsfunktion reduziert.
- Haushalt & Care-Arbeit werden automatisch der Mutter zugeordnet
- Ein modernes Familienbild sieht den Vater anteilig in der Erziehung & Förderung seiner Kinder
- Die systemischen Voraussetzungen (Karenz, flexible Arbeitsmodelle, Kinderbetreuungseinrichtungen) sind besser als früher, aber haben noch sehr viel Luft nach oben
- Eine Veränderung hin zu einer gleichberechtigten Elternschaft ist nur möglich, wenn auch die Männer sich vom traditionellen Bild verabschieden und sich mehr in die Erziehung involvieren möchten. Wie sagt man so schön:
Be the change you want to see in the world.